Im Falle einer Erkrankung

Jeder Meerschweinchenhalter sieht sich früher oder später damit konfrontiert, dass ein Tierchen erkrankt.
Hier muss man unterscheiden zwischen einem akuten Geschehen, das plötzlich auftritt und dramatisch verlaufen kann wie z. B. Aufgasung oder Schlaganfall und chronifizierenden Erkrankungen, die langsam über einen längeren Zeitraum angeschlichen kommen.

Die größte Schwierigkeit für den Halter besteht darin, überhaupt zu erkennen, dass einem Tierchen etwas fehlt.
Da Meerschweinchen von Natur aus Fluchttiere sind, ist der Zusammenhalt des  Rudels essentiell. Das Rudel kann und wird sich im Ernstfall (Flucht) nicht damit aufhalten, alte oder kranke Tiere mitzunehmen, diese bleiben zurück und sind somit
der jeweiligen Gefahr ausgeliefert.
Somit wird ein krankes Schweinchen alles tun, um seine Krankheit nicht zu zeigen. Was – aus Schweinchensicht – in der Natur durchaus Sinn macht, ist nun genau das, was es dem wohlmeinenden Halter so unendlich erschwert, Situationen richtig einzuschätzen und erste Symptome zu erkennen. Besonders unerfahrene Halter erkennen Anzeichen oft erst, wenn es schon zu spät ist.


Bei einem akuten Geschehen ist es meist nicht so schwierig, denn der Verlauf ist dramatisch, meist mit großen Schmerzen verbunden und das Schweinchen kann sich nicht seiner üblichen Vertuschungstaktik bedienen. Bei Aufgasungen z. B. stellen die Tiere das Essen ein, sitzen geplustert und mit krummem Rücken im Häuschen oder einer Ecke des Wohnbereichs, der Bauch ist
deutlich prall und auch schmerzhaft beim Abtasten.


Ein chronifizierendes Krankheitsgeschehen läßt sich meist ganz gut über den sogenannten „Schweinchen-Tüv“ feststellen.
Ganz oft sind solche Entwicklungen einhergehend mit einem schleichenden Gewichtsverlust. Deshalb ist das regelmäßige (1 x in der Woche wäre optimal, beim Verdacht auf Erkrankung kann sogar täglich sinnvoll sein) Wiegen und über die Gewichte eine Tabelle anzulegen für einen verantwortungsbewußten Halter unabdinglich. Bei Zahnproblemen z.B. wird das Schweinchen anfänglich lediglich die härteren Bestandteile der Nahrung (alle Rübensorten, Fenchel) liegen lassen und weniger Heu essen. Da
Partnertiere vorhanden sind, essen diese dann das, was übrig ist, und der Besitzer merkt zunächst oberflächlich erst mal nichts. Das geht dann manchmal bis hin zur totalen Futterverweigerung, wenn die hinteren Backenzähne z. B. eine komplette Brücke gebildet haben.
Bis es soweit kommt, hat das Schweinchen aber meistens schon erheblich an Gewicht verloren, was sich beim Schweinchen-TÜV auf der Waage gezeigt hätte. Auch andere chronische Erkrankungen wie z. B. Blasenschlamm und -steine, Arthrosen im Rücken und in den Gelenken oder Pododermatitis sind schmerzhaft und bewirken aufgrund der Dauerbelastung und den Stress durch die Schmerzen meist einen schleichenden Gewichtsverlust.


Was ist zu tun, wenn der Verdacht auf ein Krankheitsgeschehen da ist?

Bedeutsame Frage immer: Isst das Tierchen noch? So banal das klingt, ist die Aufnehmen von Futter immer ein ganz wichtiger Hinweis auf das Allgemeinbefinden. Tut es das nicht mehr müssen wir herausfinden:

WILL es nicht oder KANN es nicht essen?
Ersteres ist in der Regel die ungünstigere Variante, denn hier steckt meist eine systemische Ursache dahinter, die z. B.im Verdauungstrakt oder auch im Hals (Pharyngitis) begründet sein kann. Auch bei Atemnot z.B. durch Herzschwäche wird das Tierchen seine ganze Kraft auf das Luft holen konzentrieren. Wenn Futter hingestellt oder -gehalten wird, dreht das Schweinchen den Kopf weg bzw. kommt nicht zum Futter gelaufen, zieh sich im Gegenteil dann noch weiter zurück.
Beim Nicht-Essen-Können steckt in der Regel ein Zahn-oder Kiefergelenksproblem dahinter. Hier wird das Schweinchen an den Napf gehen und Interesse am Futter zeigen, aber aus mechanischen Gründen nicht essen können. Es nimmt Futter auf, um es
dann wieder fallen zu lassen, bzw. kaut endlos auf demselben Stück herum. Heu und Grashalme können nicht „eingezogen“ werden. Der Eindruck den der Halter hier gewinnt, ist für den Tierarzt eine wichtige Information für die Suche nach der Krankheitsursache.

ABER: Der Umkehrschluss ist falsch, nur weil ein Tier noch frisst, ist es nicht unbedingt gesund!

 

Ein weiteres Feld sind die Hauterkrankungen insbesondere durch Ektoparasiten (Milben, Haarlinge) und Pilzerkrankungen.
Auch hier kann der regelmäßige TÜV wichtige Hilfe leisten. Gibt es Verkrustungen und / oder offene Stellen unter dem Fell? Oft sieht man das nicht durch das bloße Anschauen aus der Distanz, bzw. wenn man es schon aus der Ferne sieht, ist der Zustand bereits schon sehr fortgeschritten. Haarlinge erkennt man mit dem bloßen Auge bzw. einer Lupe., sie befinden sich meistens im Kopf- und im hinteren Rückenbereich. Pelz- oder Grabmilbenbefall kann nur der TA mikroskopisch nachweisen.


Wichtig zu wissen, dass auch ohne, dass die Tiere sich vermehrt kratzen, ein Befall da sein kann. Pilzerkrankungen sind gekennzeichnet durch anfangs fast kreisrunden Haarausfall, die Haut im Randbereich der Stellen schimmert silbrig. Da der Pilz
meist an einer einzelnen Stelle anfängt, kann man auch hier durch regelmäßiges Kontrollieren der Tiere schon im Frühstadium eingreifen.


Viele Erkrankungen, die wir beobachten, sind hausgemacht und können mit ein bisschen Prophylaxe gar nicht erst entstehen.

 

Ein geschwächtes Immunsystem (z. B. durch ein stressiges Umfeld oder Probleme in der Gruppe) kann mit allen Arten von Krankheitserregern und Parasiten nur schlecht umgehen. Hier sind die Halter gefordert, optimale Bedingungen zu schaffen.
Große Laufflächen beugen Stress in der Gruppe vor und die damit mögliche Bewegung ist gesund für den Bewegungsapparat.
Gesunde Ernährung mit wenig bis keiner Stärkefütterung (Getreide, Brot, Knabbereien) und immer gutem Heu zur freien Verfügung sorgt für anständigen Zahnabrieb und eine gesunde Darmflora ohne Dysbalancen, die zu Aufgasung oder Durchfall führen.
Eine kleine Meerschweinchen-Apotheke im Haus zu haben, ist auf alle Fälle sinnvoll und hilfreich. Meerschweinchen sprechen – wie alle Tiere – sehr gut auf alle Arten von naturheilkundlichen Methoden an. Mit sanften Mitteln wie Phytotherapie kann man ihnen – gerade im Alter und bei chronischen Erkrankungen – sehr gut helfen oder auch die schulmedizinischen Therapien unterstützen.


Auch wichtig ist uns, bei der Suche nach fähigen und erfahrenen Tierärzten Rat zu geben.
Nicht immer ist der nächstgelegene Tierarzt/die nächstgelegene Tierärztin unbedingt die beste Wahl für Meerschweinchen.
Hier führen wir intern eine Liste, die wir – gerne auch mit Hilfe Eurer Erfahrungen – dauernd auf dem neuesten
Stand halten. Bei Fragen aller Art: Sprecht uns bitte jederzeit gerne an und schickt ein Mail.